Ein Mann und seine Maschine

THW-Mann Sandro Hentschel und Hochleistungspumpe „Hannibal“ haben schon manche Katastrophe gemeistert. Das geht nicht ohne Krach ab.

Rohre, Schläuche, Hebel: An der Hochleistungspumpe „Hannibal“ ist Sandro Hentschel in seinem Element. Der Fachmann des Technischen Hilfswerks (THW) war mit dem Aggregat schon bei manchem Hochwasser im Einsatz. Jetzt bekam er dafür eine Auszeichnung.

Mit einem kleinen Handgriff dreht Sandro Hentschel den Zündschlüssel. Erst leuchten rote und grüne Leuchtdioden, dann erklingt der Dieselmotor. Das tiefe, eintönige Brummen unterscheidet sich kaum vom Klang eines Lastwagens. Doch Hannibal, so heißt die Maschine, bewegt sich trotz ihres Motors nur mit fremder Hilfe vom Fleck. Das Gerät mit den baumdicken Stahlrohren, den Ventilen und Druckanzeigern ist fest auf einem Lkw-Anhänger montiert.
So steht Hannibal jetzt gegenüber dem Bautzener Bombardier Werk am Spreeufer. Eine blaue Plane gibt Schatten, dieselbe Farbe hat auch die Uniform von Sandro Hentschel. Denn Helfer wie Hochleistungspumpe gehören zum Ortsverband des Technischen Hilfswerks. Und während der 27-Jährige seine Maschine warmlaufen lässt, erinnert sich der Sohlander an den letzten Einsatz an dieser Stelle: „Bei der Augustflut 2010 haben wir geholfen, Bombardier zu schützen.“ Ohne Hannibal und das THW wären die Millionenschäden beim Straßenbahnbauer wohl noch um einiges höher ausgefallen. –  die lärmende Pumpe leistete nicht nur direkt bei der Flut Hilfe. Gefahr drohte Bombardier im Spätsommer 2010 bei jedem Regenguss: Denn die Flut hatte die eigenen Pumpen in der Werks-Kanalisation außer Gefecht gesetzt. So musste Hannibal samt ehrenamtlicher Besatzung noch anderthalb Monate später einspringen – oft mitten in der Nacht.
Solche kräftezehrenden Einsätze sind die Männer der Fachgruppe Pumpen gewöhnt. Mit Hannibal haben sie seit dem Jahr 2000 schon manche Katastrophe gemeistert. Und was die Technik leisten kann, führt Sandro Hentschel bei der Übung an der Spree vor. Ein kleiner Zug am Hebel reicht – schon wird das Brummen des Dieselmotors ohrenbetäubend. Durch zwei oberschenkeldicke schwarze Rohre zieht die Pumpe Wasser aus der Spree nach oben und jagt es durch einen weißen Schlauch 20 Meter flussaufwärts zurück ins Gewässer. Das Auge nimmt nur den vier Meter hohen Bogen war, in dem das Wasser am jenseitigen Ufer der Spree wieder in den Fluss schießt.
5000 Liter in der Minute fördert der gelernte Schmied, der bei einer Metallfirma im Oberland arbeitet. Eine Zahl, die sich schwer vorstellen lässt. Zum Vergleich: Würde der THW-Mann mit Hannibal eine Badewanne füllen, wäre die in weniger als zwei Sekunden voll.
Doch die Pumpe ist nicht dazu da, Badewannen zu füllen, sondern Menschen und Technik vor dem Hochwasser zu schützen. Und dafür hatten die Bautzener Helfer zuletzt mehr als genug Gelegenheit: Hannibal half 2002 in Dresden, dass das Polizeigebäude an der Schießgasse nicht absoff. Die Pumpe war bei der Evakuierung eines Krankenhauses in Freital beteiligt, an der Elbe, beim Oderhochwasser oder an der Schwarzen Elster im Einsatz. Auch wenn Hannibal wie von Geisterhand zu pumpen scheint: Zum Auf- und Abbau der Technik ist Muskelkraft gefragt, beim stundenlangen Betrieb Ausdauer und Nervenstärke. Sandro Hentschel leistet dabei mehr als 100 Prozent, sagt der Bautzener THW-Chef Sebastian Richter. Beim Festakt zum 20-jährigen Bestehen des Bautzener Ortsverbands zeichnete er den Sohlander jetzt deshalb mit dem Helferzeichen in Gold aus.

(Sächsische Zeitung vom 19.06.2012, Text: Christoph Scharf, Fotos: Uwe Soeder)





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