Altenburg,

Wasser, soweit das Auge reichte

Kilometerlange Reihen aus Sandsäcken, Häuser, die bis zum ersten Stock im Wasser stehen, Pumpen im Dauerbetrieb, Felder, die zu Seen geworden sind und Boote, die dort fahren, wo normalerweise Straßen sind – all das sind Erinnerungen an eine der größten Flutkatastrophen, die Deutschland je erlebt hat. In diesem Sommer jährt sich die Elbeflut von 2002 zum zehnten Mal. Während und nach der Jahrhundertflut leisteten die Einsatzkräfte des THW sechs Wochen lang, mehrere hunderttausend Stunden ohne Unterbrechung Hilfe im Kampf gegen die Wassermassen. Es sollte der größte Einsatz in der Geschichte der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk werden.

Für den Landesverband Sachsen, Thüringen war dieser größte THW-Einsatz gleichzeitig die erste große Bewährungsprobe für die zum Teil noch jungen Ortsverbände. Los ging es am 11. August 2002 in den Nachmittagsstunden mit anfangs scheinbar – lokal begrenzten Einsätzen in Radebeul, Dresden und Bautzen aufgrund des Starkregens. In den frühen Morgenstunden des 12. August 2002 folgten Einsätze u.a. in Schmölln, Leipzig, Grimma, Eilenburg,  Riesa und Pirna.  Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass es sich nicht mehr um lokale Schadensereignisse handelt. Als die Flut Sachsen erreichte, waren viele Menschen trotz aller Vorwarnungen  – auch aufgrund der Ereignisse in Bayern und Tschechien – von den Wassermassen überrascht und saßen in ihren Wohnungen fest; THW-Kräfte evakuierten sie mit Baggern, Schlauchbooten und Amphibienfahrzeugen. Die Wassermassen gefährdeten jedoch nicht nur Menschen und ihre Häuser: Krankenhäuser mussten geräumt, historische Bauten drohten zerstört zu werden. Zu den bekanntesten Beispielen gehörten die Semperoper, die Frauenkirche und die Staatskanzlei in Dresden. Das THW pumpte in und um die historischen Gebäude Wasser ab, durch einen Sandsackring rund um die Frauenkirche gelang es, dass der Pegel innerhalb des Rings einen Meter niedriger stand und in der Staatskanzlei hielten die THW-Kräfte die Bodenplatten, die durch das Grundwasser nach oben gedrückt wurden, mit Stützen am Boden. Neben Evakuierungs-, Pump- und Abstützarbeiten zählten der Schutz vorhandener und das Errichten neuer Deiche zu den Hauptaufgaben des THW. Hierbei wurden zigtausende Sandsäcke verbaut.  Als die Wassermassen zurückgingen, standen die Helferinnen und Helfer des THW vor neuen Herausforderungen: Straßen waren von Schlamm bedeckt, Schutt und Trümmer mussten mit schwerem Gerät weggeräumt und ausgelaufenes Heizöl aufgenommen werden. Zudem hatten die Wassermassen ganze Infrastrukturen zerstört. Um diese wiederherzustellen, errichteten die Spezialisten des THW zahlreiche Behelfsbrücken.

Einsatz der Rekorde

Der Einsatz der THW-Kräfte – das Einsatzgebiet erstreckte sich entlang der Elbe und ihren Nebenflüssen von der tschechischen Grenze bis nach Hamburg – war ein Einsatz der Rekorde: Rund 24.000 Helferinnen und Helfer des THW aus 662 Ortsverbänden und 582 Hauptamtliche waren insgesamt sechs Wochen lang im Einsatz. In dieser Zeit pumpte das THW mehr als 2,5 Millionen Liter Wasser pro Minute, verbaute zusammen mit anderen Einsatzkräften rund 33 Millionen Sandsäcke und evakuierte gemeinsam mit weiteren Hilfsorganisationen mehr als 100.000 Menschen.  Darüber hinaus mobilisierte das THW 600 LKW und 150 Tieflader. Insgesamt befanden sich 3.000 Fahrzeuge sowie 250 Fährpontons und 300 Boote des THW im Einsatz. 

Konsequenzen aus der Elbeflut 2002

Die Elbeflut 2002 hatte weitreichende Folgen für das THW insgesamt und für den Landesverband Sachsen, Thüringen: Der Hochwasserschutz wurde seitdem stetig ausgebaut. Nach der Flut von 2002 entwickelte das THW außerdem ein spezielles Hochwasserschutzprogramm, das sich inzwischen auch international bewährt hat. So kam die nach 2002 entwickelte weltweit einmalige Hochleistungspumpe  des THW (Pumpleistung von 15.000 Liter pro Minute) beispielsweise nach dem Hurrikan Katrina 2005 in New Orleans zum Einsatz. Und auch beim Großeinsatz in Polen 2010 bewährten sich im Rahmen des EU-Mechanismus die High Capacity Pumping-Module (HCP): Dort pumpten THW-Kräfte von Mitte Mai bis Anfang Juli 2010 insgesamt rund 1,5 Milliarden Liter Wasser aus Wohngebieten, Industrieanlagen und Straßen.  Bei beiden Auslandseinsätzen waren THW-Einheiten aus dem Landesverband Sachsen, Thüringen dabei. Die Hochleistungspumpe ist im Ortsverband Rudolstadt/ Saalfeld stationiert.

Auch die Bereiche der Notstromaggregate, Beleuchtungstechnik und die Ausstattung mit Booten der THW-Ortsverbände in Sachsen und Thüringen wurden weiter verbessert. Und zur Optimierung der Einsatzvorbereitung wurden lokale, regionale und auch internationale Übungen mit dem Schwerpunkt Hochwasserbekämpfung durchgeführt. Die deutschtschechische Übung ALBIS 2008 war hier bislang der Höhepunkt und ein weiterer Schritt auf dem Weg der intensiven Zusammenarbeit mit Tschechien, was letztendlich im August 2010 in einem Einsatz in Liberec mündete. 

Das Fazit von Dr. Marcus von Salisch, Referatsleiter Einsatz des Landesverbandes Sachsen, Thüringen. „Alle THW-Ortsverbände aus Sachsen und Thüringen mit allen verfügbaren Helferinnen und Helfern waren während des Elbehochwassers 2002 über sechs Wochen lang im Dauereinsatz. Sie haben gezeigt, dass auch junge THW-Ortsverbände leistungsstark sind und ihren gesetzlich verankerten Aufgaben effektiv nachkommen. Die Erfahrungen des Einsatzes sind in diesen vergangenen zehn Jahren in die Ausbildung und Ausstattung eingeflossen. Die THW-Einheiten stehen auch künftig bereit zum Schutz der Bevölkerung in Sachsen und Thüringen.“


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